Nur in Frankreich

Nach dem Einkaufen sitze ich vor dem Supermarkt im Auto, als ein Mann mir gestikulierend klarmacht, dass er mit mir reden möchte.

Ich lasse also de Autoscheibe herunter und da sagt er zu mir: “Sie sehen heute chic aus!”

Ich so, Sie aber auch! – und: Danke für das Kompliment!

Verabschiedet sich und geht.

Wo wäre es sonst möglich, dass ein Mann einem wildfremden Mann Komplimente macht, ohne Hintergedanken?

Nur hier in Frankreich.

2 Jahre in Frankreich: neue Beobachtung

Heute, am zweiten Jahrestag meiner Ankunft in Frankreich, eine neue Beobachtung:

Die Leute sind wirklich besser angezogen. Es ist wohltuend für’s Auge. Obwohl Decathlon Millionen umsetzt, scheinen Franzosen viel weniger als Deutsche durch eine amerikanische Fitness-/Leisure-Wear-“Ich mag’s bequem”-Kultur geprägt zu sein.

Es gilt auch für Männer, aber meine zwei Beispiele beziehen sich auf Frauen.

Strange encounter of the the third kind

Gestern, beim Verlassen des Kinos nach der Vorstellung von “Black Swan”, ein Film, in dem sich Einbildung und Realität andauernd vermischen: auf der langen und schmalen Notausgangstreppe läuft vor uns seelenruhig ein Mann, der von hinten nicht nur aussieht wie “Black Swans” Hauptdarsteller Vincent Cassel, sondern auch…

…vollkommen barfuß ist. Bei Dauerregen und gefühlten 0° C läuft er vor uns die Treppe hinunter, um sich auf der Haupteinkaufsstraße aus dem Pulk der Kinoverlasser zu lösen und barfuß in die Nacht zu gehen.

Die Geschichte mit dem Kanister

Ich ging eine Trinkflasche für Marc kaufen. Bei Decathlon gab’s welche, sie waren mir aber zu teuer. Also zu Carrefour, und weil ich bei Decathlon “bidon” gelesen hatte, frage ich nach einigem Suchen einen Verkäufer nach “bidon”. Er guckt mich ein bißchen entgeistert an, als ob ich gerade was Unanständiges gesagt hätte, und fragt dann “Leer oder voll?”. Ich so, “Na leer natürlich, halt für den Sport!” Wortlos zeigt er in eine Richtung weit von sich weg, um dann noch “Bricolage” zu sagen. Ich weiß nicht was Bricolage ist, rufe Sandrine an und erfahre, daß es soviel wie die Heimwerkerecke ist.

Das Fahrrad-Jahr

Wir haben in einem Fahrradladen in Lyon einen Kindersitz für den Gepäckträger bestellt. Eigentlich sollte er 5 Tage nach der Bestellung da sein. Als ich 12 Tage nach Bestellung noch immer nichts von meinem Kindersitz gehört habe, fahre ich im Laden vorbei. Es entspinnt sich folgender Dialog:
F: Ja, hallo, ich wollte mal fragen, wo denn unser Kindersitz so bleibt?
A: Der, ach der, ja der – ist noch nicht da!
F: Und dürfte ich fragen, wieso?
A: Ja, kennen Sie denn das Fahrrad-Jahr nicht?
[Diese Frage muß man sich etwas vorgeblich ungläubig vorstellen – wer Käpt’n Blaubärs Frage an seine Enkel “Aber Kinder, wißt Ihr denn nicht, welcher Tag heute ist? Heute ist doch der Tag, an dem der große Elch kommt!” aus der Geschichte “Der Tag, an dem der Große Elch kommt” kennt, weiß, wovon ich rede.]
F: Nö, was heißt denn das?
A: Na, das heißt, daß das Fahrrad-Jahr immer von Oktober bis August, und nicht von Januar bis Dezember, geht. Im August verkaufen die Hersteller die letzten Lagerreste und im Oktober fangen sie wieder an zu produzieren.
F: Und im September, was gibt es da?
A: Nichts.
[Wir haben den 15.September]
F: Heißt das, ich soll mich noch bis zur Wiederaufnahme der Serienproduktion im Oktober gedulden?
A: Genau.
[Wir haben den Kindersitz am 3. September bestellt]
F: Dankeschön, auf Wiedersehen.

P.S. Ich kaufe jetzt vielleicht seit 20 Jahren in Fahrradläden ein und habe noch nie was vom sagenumwobenen “Jahr des Fahrrades” gehört:)

Handy kündigen und ***richtig*** Spaß dabei

Ich bin seit 15 Jahren, seit 1995, wahrscheinlich seit dem 26. August, Kunde von E-Plus. Ich war niemals bei irgendeinem anderen Netz, mal von Bouygues hier in Frankreich abgesehen. Ich hab mir 1995 mein erstes Handy, meiner Erinnerung nach das Gerät nach dem “Knochen” (ich glaube, ein Motorola International T1000), zusammen mit einem Zweijahresvertrag für DM 49,- gekauft. Ich hatte danach ein Motorola StarTac, noch ein besseres Motorola StarTac, ein frühes Schwarzweiß-Touchscreen-Motorola aus Asien, ein Sendo X und ein Nokia N95 8GB. 7 Geräte macht 14 Jahre, 15 Jahre war ich schon dabei. Einmal hab ich für meinen großen Sohn mit einem Sony Ericsson W700i verlängert, von dem ich aber nix hatte und er auch nicht, weil’s ihm im Freibad geklaut wurde. Zu einigen Handies fallen mir noch Bilder ein: 1998, bei den Dreharbeiten zu “terra net café”, versuchte ich das StarTac zu kriegen, 2003 verkaufte ich das Motorola-Touchscreen-Handy an den Freund eines weiblichen Teammitglieds von “Baal” und in der Folgezeit sehe ich mich gedanklich mit Laurenz über das Sendo X diskutieren und es im Spreewald bei einer Klassenfahrt mit meinem großen Sohn ins Wasser fallen. Teilweise hatte ich zwei parallele Verträge, einen als Journalist ohne Grundgebühr, und konnte so sogar doppelt subventioniert verlängern. Über mehrere Jahre war ich auch sogenannter Exklusivkunde, ohne daß das irgendeinen Vorteil gehabt hätte.
Weil ich hier in Frankreich nicht mehr jeden Monat zwei Handyverträge bezahlen wollte, entschloß ich mich schweren Herzens, nach 15 Jahren bei E-Plus zu kündigen. Das tat ich mit folgendem Brief:

“Alexander Schmidt
Schönhauser Allee 152
10435 Berlin
E-Plus Service GmbH & Co. KG
Postfach
D-14425 Potsdam
Allemagne
Lyon, den 17. Mai 2010
Kündigung Kd.nr. 49389

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit möchte ich (nach 15 guten und schlechten Jahren) meinen o.g. Vertrag fristgerecht kostenfrei zum 26.5.2010 kündigen. Der Vertrag läuft m.W. am 26.8.2010 aus, mindestens drei Monate vorher muß meine Kündigung bei Ihnen sein. Das sollte hiermit gewährleistet sein.
Ich bitte um Übersendung einer schriftlichen Eingangs- und/oder Kündigungsbestätigung.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Alexander Schmidt”

Am 20.5. erhielt ich folgende SMS:

“Von 1232190
e-plus-Kundenbetreuung: Wir haben Ihr Schreiben erhalten und bearbeiten dieses umgehend. Ihr E-Plus Team.”

Weil trotz umgehender Bearbeitung mein Handy gestern noch lief, überlegte ich, was zu tun sei. Ich habe in meiner Arbeit bei SNT mal den Direktor der Abteilung 1 von SNT, Marco Reimann, kennengelernt. Abteilung 1 bedeutet bei SNT eigentlich nur E-Plus, und Marco Reimann ist der Herr über 1200 Kundenbetreuer von SNT, die nur für E-Plus arbeiten. Er stand bei dieser Belegschaftsversammlung des SNT-Standortes Berlin auf der Bühne, ich saß unten im Saal. Ich überlegte mir, wenn meine e-mail-Adresse bei SNT alexander.carter@snt-ag.de war, dann ist seine, egal ob Direktor von 1200 Kundenbetreuern oder Kundenbetreuer selbst, wahrscheinlich auch vorname.nachname@snt-ag.de. Und seinen Namen kannte ich noch.
So entstand folgende mail:

“Kündigung zu Kundennummer 49389

Sehr geehrter Herr Reimann,

ich habe am 20.5.2010 (sic!) zum 26.8.2010 gekündigt und eine Bestätigungs-SMS über den Eingang meiner Kündigung am 20.5.2010 erhalten. Doch noch habe ich Netz und den Eindruck, meine Kündigung könnte vergessen worden sein. Könnten Sie sich dahinterklemmen oder veranlassen, daß es jemand anders tut? An mein  Handy gehe ich jetzt natürlich nicht mehr.

Hier meine Kundendaten:

Alexander Schmidt
Kundennummer 49389
Telefonnummer 0177-2407878
Schönhauser Allee 152
10435 Berlin

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Alexander Schmidt”

Heute erhielt ich darauf folgende erschrockene Antwort:

“Ihre Nachricht vom 26.08.2010/VertragsbeendigungKundennummer 49389/E-Plus Rufnummer 0177-2 40 78 78

Sehr geehrter Herr Schmidt,

unsere Antwort erhalten Sie im Auftrag von Herrn Reimann. Gern haben wir den Sachverhalt geprüft. Aufgrund eines Versehens wurde die Abschaltung der Rufnummer nicht für den August 2010 eingegeben. Hierfür bitten wir Sie in aller Form um Entschuldigung. Umgehend nahmen wir eine Korrektur vor und haben Ihren Anschluss mit sofortiger Wirkung deaktiviert. Es wäre schön, wenn wir die Unstimmigkeiten beseitigen konnten und Sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder als unseren Kunden begrüßen dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr E-Plus Team
i. A.”

So macht Handykündigen richtig Spaß!

Raser de Autobahn (Autobahnraser)

Auf französischen dreispurigen Autobahnen ist die mittlere Spur meistens frei, so dass sich die Brummis ungestört Elefantenrennen liefern können. Grund: von den Autofahrern möchte jeder der Schnellste sein, so dass sich alle auf der linken Spur drängeln. Mir ist es jetzt schon mehrere Male passiert, dass ich auf ein warnblinkendes Stauende auffuhr, nur um festzustellen, dass es gar kein Stau war, sondern sich nur alle Autos in der linken Spur gegenseitig abbremsten.